Aufgrund der Energiekrise hat die Bundesregierung verschiedene Maßnahmen ergriffen, um den Preisanstieg zu stoppen und die Haushalte sowie die Unternehmen zu unterstützen. Wie stellen sich die Maßnahmen aus volkswirtschaftlicher Sicht dar?1
Die Energiekrise begann mit derri Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022. Als Reaktion verhängte die Europäische Union weitere Wirtschaftssanktionen gegen Russland in der Hoffung, ihn damit schnell zu beenden. Im Gegenzug nutzte Russland die hohe Abhängigkeit vom russischen Erdgas in vielen europäischen Ländern und verhängte einen teilweisen Lieferstopp. Dies führte zu Versorgungsengpässen und zu drastischen Preissteigerungen auf dem Energiemarkt.
Daraufhin ergriffen Länder wie Deutschland Maßnahmen, um den Preisanstieg zu stoppen sowie Haushalte und Unternehmen zu unterstützen. In Deutschland waren es eine Gas- und Strompreisbremse, ein Energierabatt für Haushalte und Unternehmen, ein ermäßigter Steuersatz für Gas sowie ein Energiekostenzuschuss in Form einer Energiepreispauschale.
Deutschland ist auf Erdgasimporte angewiesen. Bei Ausbruch des Krieges bezog Deutschland mehr als 50 Prozent seines Gases aus Russland.
Die Abbildung zeigt die Entwicklung der Verbraucherpreise für Erdgas ohne die EEG-Umlage (Erneuerbare-Energien-Gesetz-Umlage) von 2019 bis Mitte 2022. Von 2019 bis 2021 war die Preisentwicklung relativ stabil mit einem leichten Anstieg gegen Ende 2021. Mit Beginn des Ukraine-Krieges sind die Verbraucherpreise von Februar bis Juni 2022 um rund 60 Prozent gestiegen:

Der starke Anstieg der Energiepreise spiegelt sich in der allgemeinen Entwicklung der Verbraucherpreise, gemessen am Verbraucherpreisindex (VPI),wider. Die Inflation ist ab Februar 2022 stark angestiegen, und zwar von 4,3 auf 8,1 Prozent im Dezember 2022. Ein Höchststand wurde im Herbst mit knapp 8,8 Prozent erreicht. Im Jahresdurchschnitt 2022 lag der Verbraucherpreisindex bei rund 6,9 Prozent.
Um die negativen wirtschaftlichen Folgen der Energiekrise zu bekämpfen, schnürte die Bundesregierung ein Entlastungspaket, das zum Teil von der Expertenkommission Gas und Wärme vorgeschlagen wurden. Dieses Paket bestand aus drei Komponenten:
➞ ermäßigter Steuersatz für Gas,
➞ Energierabatt und Energiekostenzuschuss sowie
➞ Gas- und Strompreisbremse
Laut Bundesregierung beläuft sich der Wert des Entlastungspakets auf rund 300 Mrd. Euro.
Schauen wir uns diese Komponenten genauer an:
1.) Ermäßigter Steuersatz für Gas
Eine Maßnahme ist die vorübergehende Senkung der Umsatzsteuer auf Gaslieferungen von 19 auf sieben Prozent. Die Senkung trat am 1. Oktober 2022 in Kraft und soll bis Ende März 2024 gelten. Zudem wird die Erhöhung der CO2-Steuer für Erdgas, die Anfang 2023 in Kraft treten sollte, um ein Jahr verschoben. Außerdem wurde die EEG-Umlage ab Januar 2023 abgeschafft.
2.) Energierabatt und Energiekostenzuschuss
Mit dem Energierabatt sollten Haushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen, die weniger als 1,5 Mio. Kilowattstunden Gas pro Jahr verbrauchen , im Monat Dezember 2022 von den Kosten für Erdgas entlastet werden. Das bedeutete, dass die Haushalte und Unternehmen im Dezember keine Voraus- oder Abschlagszahlungen leisten müssten, da die Zahlungen vom Staat übernommen werden. Zusätzlich zu diesen Maßnahmen erhalten Rentner, Studenten und Arbeitnehmer vom Staat eine einmalige Zahlung für die gestiegenen Energiekosten (Energiekostenzuschuss).
3.) Gas- und Strompreisbremse
Die Gaspreisbremse begann im März 2023 und gilt rückwirkend für die Monate Januar und Februar 2023. Sie gilt für Haushalte, kleine und mittlere Unternehmen mit einem Gasverbrauch von weniger als 1,5 Mio . Kilowattstunden pro Jahr sowie für Vereine. Die Gaspreisobergrenze liegt bei 12 Cent pro Kilowattstunde. Bei höherem Gasverbrauch muss der normale Marktpreis gezahlt werden.
Der Strompreis für Haushalte und kleine Unternehmen ist bei 40 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt. Dies gilt für einen Strombedarf von 80 Prozent des Vorjahres. Für mittlere und große Unternehmen mit einem Jahresverbrauch von mehr als 30.000 Kilowattstunden gilt eine Preisobergrenze von 13 Cent bei einem. Strombedarf von 70 Prozent des Vorjahres. Liegt der Verbrauch der Haushalte und Unternehmen über den genannten Schwellenwerten, muss der Strom zum regulären Marktpreis eingekauft werden. Die Strompreisbremse trat im Januar 2023 für alle Haushalte in Kraft.
Eine ökonomische Analyse der Entlastungsmaßnahmen – zusammenfassende Ergebnisse
Bei der Energiekrise handelt es sich um einen exogenen makroökonomischen Schock, der über den Energiemarkt hinaus die übrige Wirtschaft ergriffen hat. Wie kann man die drei Komponenten des Entlastungspakets der Bundesregierung einordnen? Hier die zusammenfassenden Einordnungen von Köster/Mühe (2023):
➔ Die Reduzierung der Umsatzsteuer ist eine staatliche angebotsorientierte Maßnahme, die den Gaspreis verbilligt.
➔ Der Energierabatt und der Energiezuschuss sind staatliche nachfrageseitige Maßnahmen, die die Gaspreismenge und den Gaspreis erhöhen können.
➔ Die Gaspreisbremse ist ein staatlicher Eingriff in den Marktmechanismus, der den Gaspreis und die Gasmenge (Nachfrageüberhang) senkt.
Dazu gibt es separat Übungsaufgaben, die Sie im Materialordner auf der Olat-Seite finden.
1 Quelle: Bernhard Köster und Felix Mühe (2023): Das Entlastungspaket aus volkswirtschaftlicher Sicht, in: WISU – Das Wirtschaftsstudium, Heft 4/2023, S. 391-396