Staatsverschuldung – zwischen Schreckgespenst und volkswirtschaftlicher Notwendigkeit

Am Anfang der Veranstaltung haben wir uns intensiv auseinandergesetzt mit der Entwicklung der Staatsverschuldung – nicht nur in Deutschland, sondern auch im internationalen Vergleich. Sie haben dabei gelernt, dass es ingesamt gesehen einen schubförmigen Anstieg der Staatsverschuldung gegeben hat, dass gemessen an der Staatsschuldenquote, bei der die Staatsschulden bezogen werden auf die am BIP gemessene volkswirtschaftliche Wertschöpfung, die deutsche Situation vergleichsweise gut war und ist (vor allem mit Blick auf andere große Volkswirtschaften wie den USA oder gar dem „Ausreißer“ Japan), dass in Deutschland einige Jahre lang sogar eine rückläufige Staatsschuldenquote zu verzeichnen war, was im internationalen Vergleich ziemlich einmalig daherkommt.

Aus Ihren Reihen gab es an einer Stelle die berechtigte Nachfrage, warum denn Staatsverschuldung überhaupt problematisiert wird, wir haben an dem eigenen Schwerpunktthema Schuldenbremse in Deutschland (sowie den Schuldenregeln auf der EU-Ebene) dann ja intensiv darüber diskutiert, wie man eine weitere Staatsverschuldung begrenzen oder gar verunmöglichen will. Das macht doch nur Sinn, wenn diese Staatsverschuldung schlecht ist und negative Auswirkungen hat oder haben kann.

Also lohnt der Blick auf die mögliche Beantwortung der Frage, welche Hauptargumente gegen Staatsverschuldung vorgetragen werden. Hier ein Antwortversuch*:

1. Zukünftige Belastungen und Generationengerechtigkeit
Schuldenlast für zukünftige Generationen: Staatsschulden müssen langfristig durch Steuereinnahmen gedeckt werden. Dies bedeutet, dass künftige Generationen die Zinsen und Tilgungen tragen müssen, was als ungerecht empfunden wird.
Eingeschränkter Handlungsspielraum: Hohe Schulden verringern den finanziellen Spielraum künftiger Regierungen, da ein großer Teil der Haushaltsmittel für Schuldendienst aufgewendet werden muss.

2. Erhöhung der Zinsbelastung
Zinskostenbelastung des Haushalts: Wachsende Schulden führen zu steigenden Zinszahlungen, die andere staatliche Ausgaben (z. B. für Bildung, Infrastruktur, Gesundheit) verdrängen können.
Abhängigkeit von Zinssätzen: Steigende Zinssätze auf den Kapitalmärkten können die Kosten der Staatsverschuldung erhöhen und den Staat in finanzielle Schwierigkeiten bringen.

3. Gefahr von Inflationsdruck
Geldmengenwachstum: Wenn Staatsverschuldung durch die Notenbank finanziert wird, steigt die Geldmenge, was zu Inflation führen kann. Vertrauensverlust in die Währung: Hohe Schulden können das Vertrauen der Märkte in die Stabilität einer Währung mindern, was die Inflation zusätzlich befeuert.

4. Risiken für die wirtschaftliche Stabilität
Crowding-Out-Effekt: Staatliche Kreditaufnahme kann private Investitionen verdrängen, da der Staat Kapital aus den Märkten zieht und Zinsen erhöht.
Verminderte Krisenresilienz: Ein hochverschuldeter Staat hat weniger Spielraum, um auf wirtschaftliche Krisen mit fiskalpolitischen Maßnahmen zu reagieren.

5. Politische Risiken
Abhängigkeit von Gläubigern: Hohe Verschuldung kann die Unabhängigkeit eines Staates gefährden, insbesondere wenn Kredite von ausländischen Investoren oder Institutionen stammen.
Populistische Politik: Politiker könnten durch leicht verfügbare Kredite versucht sein, kurzfristig populäre, aber langfristig schädliche Entscheidungen zu treffen.

6. Moralisches Risiko
Unverantwortliches Verhalten: Wenn Staaten regelmäßig Schulden aufnehmen, kann dies den Anreiz verringern, effizient mit Steuermitteln umzugehen.
Glaube an permanente Umschuldung: Einige Kritiker argumentieren, dass ein ständiges Schuldenmachen zur Gewohnheit werden könnte, ohne dass je ein Plan zur Rückzahlung besteht.

7. Potenzielle Staatsschuldenkrisen
Verlust des Marktvertrauens: Wenn die Schuldenlast zu hoch wird, könnten Investoren das Vertrauen verlieren, was zu höheren Zinsen oder sogar einem Staatsbankrott führen kann.
Erzwungene Sparmaßnahmen: Hohe Schulden können Staaten dazu zwingen, drastische Sparmaßnahmen umzusetzen, die soziale Spannungen und wirtschaftliche Einbrüche zur Folge haben können.

Diese Argumente werden oft gegen eine expansive Fiskalpolitik ins Feld geführt, die auf eine verstärkte Verschuldung setzt, insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit.

Befürworter der Staatsverschuldung verweisen jedoch auf mögliche Wachstumsimpulse und die Unterscheidung zwischen “guter” und “schlechter” Verschuldung.

*) Beim wissenschaftlichen Arbeiten ist es immer wichtig, dass man seine Quellen ordentlich zitiert. Und die hier präsentierte Antwort auf die Frage, welche Hauptargumente gegen Staatsverschuldung vorgetragen werden, basiert auf einer Abfrage bei ChatGTP, Version 1.2024.348. Das ist also ein Antwortversuch dieser Künstlichen Intelligenz, von der überall gesprochen wird.

Gerade weil die negative Wahrnehmung der Staatsverschuldung und ihrer (möglichen) Folgen in Deutschland eine so bedeutsame Rolle spielt (sie hat letztendlich zu der 2009 sogar im Grundgesetz verankerten „Schuldenbremse“ geführt), lohnt ein Blick auf die Seite der volkswirtschaftlichen Argumentation, wo die Staatsverschuldung ganz und gar nicht negativ eingeordnet wird. Wo es um die (angeblich) positive volkswirtschaftlichen Effekte einer Schuldenfinanzierung geht.

Gibt es eine „Sonnenseite“ der Staatsverschuldung? Und was könnte man den Staatsschuldenskeptikern entgegen halten?

Im Mainstream der Volkswirtschaftslehre gibt es viele Ökonomen, die einen skeptischen Blick haben auf Staatsverschuldung und die beispielsweise grundsätzlich für eine Schuldenbegrenzung argumentieren, von denen die Schuldenbremse als sinnvolle Einhegung der Politiker angesehen wird, damit das mit der Verschuldung nicht aus dem Ruder läuft.

Hingegen gibt es seit langem auf der politisch „linken“ Seite des volkswirtschaftlichen Diskurses immer wieder Versuche, auf die Bedeutung der Staatsverschuldung in einem positiven Sinne hinzuweisen. Dort versucht man natürlich auch, die Argumente der Schuldenskeptiker bzw. derjenigen, die Staatsverschuldung für schlecht halten, zu widerlegen.

Zu dieser Position habe ich Ihnen ein (lesbares) Beispiel herausgesucht, eine Veröffentlichung, die im Dezember 2021, also am Ende des zweiten Pandemie-Jahres (und der mit deren Bekämpfung einhergehenden massiven Zunahme der Staatsverschuldung weltweit, auch in Deutschland) publiziert wurde:

➔ Stephan Kaufmann und Ingo Stützle (2021): Kredit der Macht. Staatsschulden – was sie sind, was sie leisten und für wen sie ein Problem sind, Berlin: Rosa-Luxemburg-Stiftung, Dezember 2021

Hier das Inhaltsverzeichnis der Ausarbeitung von Kaufmann/Stützle (2021):

Es lohnt sich, deren Ausführungen zu lesen – natürlich immer vor dem Hintergrund, dass es sich um eine durchaus einseitige Argumentation handelt, hier von Autoren, die Staatsverschuldung und vor allem die daraus resultierenden wirtschaftspolitischen Möglichkeiten eher positiv sehen und gegen Instrumente wie die Schuldenbremse in ihrer derzeitigen Ausgestaltung sind. Aber die angesprochene Einseitigkeit werden Sie natürlich auch bei denjenigen zur Kenntnis nehmen müssen, die gegen eine weitere Staatsverschuldung argumentieren und die eine Schuldenbremse begrüßen. Wie in anderen Politikfeldern auch finden Sie kaum oder nie eine klinisch reine „wissenschaftliche“ Analyse, die frei ist von den Verunreinigungen der eigenen Veortung im politischen Spektrum bzw. der eigenen disziplinären Herkunft.