Die Spirale der Gewalt: Israel, Gaza und mehr

Ich hatte Ihnen heute in der Vorlesung einige volkswirtschaftliche Aspekte des eskalierenden Konflikts zwischen Israel und der Hamas im Gaza-Streifen präsentiert. Dabei lag der Schwerpunkt auf der Frage, wie sich Organisationen wie die Hamas, aber auch die Hisbollah im Libanon finanzieren.

Im ersten Teil meiner Ausführungen habe ich Sie anhand der Landkarte von Israel auch auf die West Bank bzw. das Westjordanland hingewiesen, wo es eine Palästinensische Autonomiebehörde gibt, an deren Spitze als Präsident seit 2005 Mahmud Abbas steht, ein Politiker der palästinensischen Fatah-Bewegung, seit 2004 Vorsitzender der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) und und seit dem 23. November 2008 auch Präsident des „Staates Palästina“ (dazu muss man wissen: Palästina wird von 138 der 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen als Staat anerkannt; der Nachbar Israel, die USA, Deutschland, Österreich und die Schweiz sowie viele westliche Staaten tun dies nicht, pflegen aber offizielle Beziehungen zu ihm). Und ich hatte ausgeführt, dass die Karte, die ich heute verwendet habe, den Eindruck erweckt, dass das ganze Westjordanland von Palästinensern bewohnt wird, was aber nicht der Fall ist – ich hatte schon auf die jüdischen Siedler in der Region hingewiesen. Die folgende Karte zeigt Ihnen, dass die Autonomiebehörde nur Teile des Westjordanlandes kontrolliert:

Quelle: TUBS, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons

Und zu der von mir nur kurz angesprochenen Problematik der jüdischen Siedler in den „Palästinenser-Gebieten“: »Im Schatten des Krieges im Gazastreifen hat laut Aktivisten im Westjordanland die Gewalt durch Siedler zugenommen. Brunnen würden zerstört, Häuser verwüstet. Es gibt auch Berichte über Tote. Viele Bewohner sind verzweifelt«, berichtet Jan-Christoph Kitzler aus Tel Aviv unter der Überschrift Siedlergewalt im Schatten des Gaza-Krieges: »Die Gewalt durch Siedler im Westjordanland hat seit Beginn des Krieges im Gazastreifen noch einmal zugenommen. Mehr als 170 Fälle wurden von Menschenrechtsorganisationen seit dem 7. Oktober dokumentiert, auch in At-Tuwani. Manchmal werden Häuser verwüstet oder Olivenbäume vernichtet, manchmal bauen die Siedler Straßensperren auf, manchmal gehen sie in Ortschaften, verwüsten Geschäfte und zerstören Autos.« Über das Thema wird durchaus berichtet, so zum Beispiel hier: Gewalt und Gegengewalt: Krieg in Nahost greift auf Westjordanland über: »Israels Reaktion auf die Massaker der Hamas bestimmt seit Wochen die Schlagzeilen. Doch auch in den deutlich größeren Palästinenser­gebieten des Westjordanlands brodelt es. Droht der Konflikt außer Kontrolle zu geraten – und welche Rolle spielen die israelischen Siedler?«

Ausführliche Hintergrundinformationen zum Westjordanland und den Siedlern finden Sie in dieser Zusammenstellung des Deutschlandfunks:

➔ Deutschlandfunk: Wie die Siedlerbewegung ins Zentrum von Israels Politik rückte (08.11.2023): »Die israelische Siedlungspolitik gilt als einer der größten Streitpunkte zwischen Israel und den Palästinensern – und erschwert die Aussicht auf eine Zwei-Staaten-Lösung. Wie eine radikale Ideologie ins Zentrum israelischer Politik rückte.«

Und ich denke, dass es heute deutlich geworden ist, welche enormen Eskalationspotenziale in einer Ausweitung des Konflikts durch ein mögliches Eingreifen der Hisbollah vom Norden aus bestehen. Dazu von heute dieser Bericht: Die Gefahr eines offenen Krieges wächst: »An Israels Grenze zum Libanon wird die Lage täglich gefährlicher: Immer wieder und immer heftiger attackieren sich Hisbollah-Miliz und israelisches Militär. Setzt sich diese Eskalation fort, befürchten Experten einen offenen Krieg.«

Das alles kommt daher wie der Ritt auf einer teuflischen Rasierklinge.