Das Gold. Angebot und Nachfrage. Und der Goldpreis

Wir haben uns in der vergangenen Woche in der Einführungsveranstaltung zu meiner VWL-Vorlesung gleichsam zur Einstimmung in die volkswirtschaftliche Themenwelt zum einen mit einigen fundamentalen weltwirtschaftlichen Entwicklungen beschäftigt. Ich habe das aufzuzeigen versucht anhand der Folien, in denen die Entwicklung der am BIP bzw. GDP gemessenen volkswirtschaftlichen Wertschöpfung der größten Volkswirtschaften der Welt seit 1980 dargestellt ist. Neben dem Aspekt, dass man unterscheiden muss zwischen der Darstellung der BIP-Entwicklung in nominalen Preisen und dem kaufkraftbereinigten BIP der Länder, was zu einer nicht unerheblichen Verschiebung des Ranking der größten Volkswirtschaften führt.

Ob wir es nun mit einer bipolaren oder einer tripolaren Weltwirtschaft zu tun haben (also je nach Berücksichtigung und Bewertung der EU-Volkswirtschaften) – auf alle Fälle sollte nicht nur der wirtschaftshistorisch einmalige Aufstieg der chinesischen Volkswirtschaft in Erinnerung geblieben sein, sondern der Stellenwert von China in der heutigen globalen Perspektive. Mittlerweile haben sich die Chinesen an die Spitze katapultiert. Und China wird uns in den kommenden Wochen in vielen ganz unterschiedlichen Kontexten immer wieder begegnen. Sehr konkret hatte ich Ihnen das ganz am Anfang anhand des Beitrags aus dem Wirtschaftsmagazin Plusminus aufgezeigt: Seltene Erden – China bringt deutsche Industrie in Bedrängnis, so ist das Video vom 10.09.2025 überschrieben.1

Das war dann bereits der Fall im zweiten Fallbeispiel, das ich Ihnen in der Veranstaltung präsentiert habe: Der Goldpreis und sein Höhenflug. Dort haben Sie lernen können, dass Chinas Notenbank befreundete Staaten dafür gewinnen will, ihr Gold in der Volksrepublik zu lagern. Damit will China, das zugleich der weltweit größte Goldproduzent ist, seine Position am internationalen Goldmarkt stärken und die Abhängigkeit der Weltwirtschaft vom Dollar und westlichen Finanzzentren schwächen. Ein weiteres Beispiel für die aktuellen Ausformungen der Systemkonkurrenz vor allem zwischen den USA und China.

Aber bleiben wir beim Thema Gold und Goldpreisentwicklung. Sie alle wissen, dass Angebot und Nachfrage zentrale Begriffe des ökonomischen Denkens darstellen und der für Ökonomen so wichtige Preisbildungsmechanismus zielt ja ab auf einen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage. bewegt man sich innerhalb dieses Denkens, dann kann man Veränderungen der Preise entweder von der Angebots- oder der Nachfrageseite her erklären (bzw. in der Realität meistens durch Veränderungen auf beiden Marktseiten). Aber bereits das Fallbeispiel mit dem aktuellen Höhenflug des Goldpreises hat durch die Erläuterungen aufzeigen können, dass man sich bei der Einordnung der tatsächlichen Preisentwicklung eben nicht nur begrenzen kann und darf auf eine rein technische Analyse der beiden Marktseiten, sondern man Informationen aus anderen sozialwissenschaftlichen Disziplinen heranziehen sollte.

Übungsaufgaben

Lassen Sie uns aber an dieser Stelle einen Blick auf die Ausformung der Angebots- und Nachfrageseite beim Gold werfen. Eine wichtige Anlaufstelle, wenn man dazu Informationen sucht, wäre das World Gold Council. In der Selbstbeschreibung dieser Organisation findet man diesen Hinweis: „The World Gold Council was formed in 1987 by some of the world’s most forward-thinking mining companies.“ Diese Einrichtung wird also von der Angebotsseite betrieben. Und wenn man bei denen auf der Seite recherchiert, dann findet man diese Abbildung zum Thema Gold Market Structure and Flows:

Aufgabe 1: Bitte erläutern Sie mit Hilfe der Abbildung, warum es aus der ökonomischen Perspektive von Angebot und Nachfrage eigentlich nicht zu der Ihnen bekannten Preisentwicklung für Gold in den vergangenen Jahren hätte kommen dürfen. Was bedeutet das für eine Erklärung der Goldpreisentwicklung in den vergangenen Jahren?

Und dann schauen Sie sich bitte die folgenden beiden Abbildungen in Ruhe an – die erste haben Sie in der Ihnen vorliegenden Foliensammlung aus der letzten Woche, also die nominale Goldpreisentwicklung als sehr lange Zeitreihe. Die zweite Abbildung zeigt Ihnen die inflationsbereinigte Entwicklung des Goldpreises in den vergangenen 100 Jahren:

Aufgabe 2: Unter Berücksichtigung der Inflation in den vergangenen Jahrzehnten muss man feststellen, dass der so bereinigte Preis aktuell das Niveau erreicht bzw. leicht überschritten hat, das wir bereits um 1980 schon mal gehabt haben.

Wie kann man den außerordentlich hohen preisbereinigten Goldpreis Anfang der 1980er Jahre erklären?

➞ Und was könnte ein ganz großer Unterschied sein, wenn es um die Erklärung des nun seit einigen Jahren wieder auf dem damaligen Preisniveau angekommenen Goldpreises in den letzten Jahren und am aktuellen Rand der Zeitreihe geht?

Fußnote

  1. Aus der zusammenfassenden Beschreibung des Beitrags: »Seit China im Handelsstreit mit den USA vergangenen April die Ausfuhr von Seltenen Erden beschränkt hat, ist in der Industrie Krisenmanagement gefragt. China hat sich in den vergangenen Jahren quasi ein Monopol auf den Abbau und Weiterverarbeitung der Seltenen Erden gesichert. Und die deutsche Wirtschaft hat sich gerne auf die günstigen Rohstoffe aus China verlassen. Nun ist fraglich, wann Nachschub kommt, und der Druck steigt, sich von China unabhängiger zu machen. Doch wie kann das gelingen?« ↩︎