Energieverbrauch der Industrie und der Primärenergieverbrauch nach Energieträgern

In der Vorlesung haben wir einen Exkurs gemacht in das Themenfeld Industriestrompreis als eine der aktuellen wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die derzeit diskutiert werden – der Industriestrompreis soll übrigens ab 2026 kommen. Wenn auch nicht für alle Industrieunternehmen, was wir dann in den Kontext der energieintensiven Branchen gestellt haben.

Dabei haben Sie auch eine Abbildung gesehen über die „industriellen Energieverwendung“ nach Energieträgern, die dann eine Diskussion ausgelöst hat, weil aufgefallen ist, dass doch sonst der Anteil der erneuerbaren Energien deutlich höher ausgewiesen wird.

Den scheinbaren Widerspruch kann man auflösen.

Betrachten wir in einem ersten Schritt, wie man überhaupt zu solchen Anteilswerten, wie sie in der Abbildung zur industriellen Energieverwendung dargestellt sind (also 21 Prozent entfallen auf Strom beispielsweise), kommt.

Man kann die Anteile verschiedener Energieträger nur dann sinnvoll vergleichen, wenn alle Energiemengen in eine gemeinsame Maßeinheit umgerechnet werden.

Strom wird z. B. in kWh gemessen, Erdgas in m³, Öl in Tonnen oder Litern, Kohle in Tonnen.

Diese Einheiten sind energetisch nicht vergleichbar. Erst durch Umrechnung in eine gemeinsame Energieeinheit (typischerweise Terajoule (TJ) oder Kilowattstunden (kWh) in Primär- oder Endenergie) kann man Anteilswerte der einzelnen Energieträger am Endenergieverbrauch berechnen.

Wie berechnet man das konkret?

Es gibt für jeden Energieträger definierte Heizwerte bzw. Brennwerte.

Beispiel Erdgas: Maßeinheit = 1 m³. Heizwert/Brennwert = ca. 10 kWh/m³. Umrechnung in kWh: 1 m³ → 10 kWh.

Beispiel Steinkohle: Bei 1 kg Steinkohle hat man einen Heizwert/Brennwert von ca. 8 kWh/kg. Umgerechnet also sind 1 kg → 8 kWh.

Alle Energieträger werden vom Statistischen Bundesamt in eine gemeinsame Energiemaßeinheit umgerechnet, meist Terajoule (TJ) bzw. Petajoule (PJ). Daraus wird die Gesamtenergiemenge einer Branche ermittelt.

Und auf diese gemeinsame Energiemaßeinheit stoßen Sie dann auch wieder, wenn man den Energieverbrauch nach Energieträgern insgesamt betrachte – das ist aber was anderes als die industrielle Energieverwendung:

Wichtig ist zu verstehen, was der Primärenergieverbrauch eigentlich ist: Die benötigte Energiemenge, die mit den natürlich vorkommenden Energieformen bzw. Energiequellen – etwa aus Kohle, Gas, Öl oder von Sonne, Wind etc. – zur Verfügung steht. Mit einem oder mehreren Umwandlungsschritten werden aus der ⁠Primärenergie⁠ die Sekundärenergieträger wie Strom, Heizöl und Benzin gewonnen.

Und Sie können der Abbildung entnehmen: Der Primärenergieverbrauch in Deutschland ist seit Beginn der 1990er Jahre rückläufig.

Primärenergieverbrauch nach Energieträgern

Seit 1990 hat sich der Energieträgermix stark verändert. Der Verbrauch von ⁠Primärenergie⁠ auf Basis von Braunkohle lag im Jahr 2023 um 72 %, der von Steinkohle um etwa 63 % unter dem des Jahres 1990. Der Energieverbrauch auf Basis von Erdgas stieg an: Noch im Jahr 2021 lag das Plus gegenüber dem Jahr 1990 bei 44 %. In der Folge des Krieges in der Ukraine und den daraus erwachsenden Versorgungsengpässen und der wirtschaftlichen Rezession sank der Gasverbrauch in den Jahren 2022 und 2023 gegenüber dem Jahr 2021 jedoch deutlich. Im Jahr 2023 lag der Energieverbrauch für Erdgas 14 % über dem des Jahres 1990. Der Einsatz erneuerbarer Energieträger hat sich seit 1990 mehr als verzehnfacht (siehe Abbildung „Primärenergieverbrauch nach Energieträgern“), so das Umweltbundesamt.

Und noch etwas anderes, aber volkswirtschaftlich von besonderer Bedeutung ist die Primärenergiegewinnung. Die erläutert uns das Umweltbundesamt.

Die Primärenergiegewinnung in Deutschland

Deutschland besitzt außer Kohle keine bedeutenden weiteren konventionellen Energieressourcen. Knapp 70 Prozent des Energieaufkommens wird deshalb durch Importe diverser Energieträger gedeckt. Um die Versorgung auch zukünftig zu sichern, sollte die Importabhängigkeit verringert und die Vielfalt an Lieferländern und Transportstrukturen erhöht werden.

Seit dem Jahr 1990 ging die Gewinnung von konventionellen Energierohstoffen in Deutschland um mehr als drei Viertel zurück und konnte auch durch einen Zuwachs bei den erneuerbaren Energien nicht kompensiert werden. Im Jahr 2023 wurden etwa 3.400 Petajoule (PJ) inländisch gewonnen. Das entspricht etwa 32 % des gesamten Primärenergieverbrauchs dieses Jahres. Der Anteil der inländischen Gewinnung am ⁠Primärenergieverbrauch⁠ schwankt seit Mitte der 2000er Jahre zwischen 28 und 32 %.

Heute sind die wichtigsten im Inland gewonnenen Energieträger die erneuerbaren Energien wie Windkraft, Sonnenenergie, Wasserkraft und ⁠Biomasse⁠. Sie machen inzwischen etwa 62% der im Inland gewonnenen Energie aus. Biomasse und der erneuerbare Teil des Siedlungsabfalls tragen zu etwa einem Drittel zur inländischen Primärenergiegewinnung bei.

Neben den erneuerbaren Energien ist noch immer die Braunkohle der bedeutendste inländische Energieträger und machte im Jahr 2023 27 % der im Inland gewonnenen ⁠Primärenergie⁠ aus. Dabei wird seit dem Jahr 2003 in Deutschland regelmäßig etwas mehr Braunkohle gefördert, als im Inland verbraucht wird. Darüber hinaus stammten 2023 etwa 5 % des in Deutschland verbrauchten Erdgases und etwa 2 % des Inlandsverbrauchs an Mineralöl aus deutschen Quellen. Die Förderung von Steinkohle wurde in Deutschland 2019 eingestellt.

Importiert werden somit vor allem die fossilen Energieträger Mineralöl, Gas und Steinkohle. Bis zur Stilllegung der letzten Atomkraftwerke wurden seit 1991 ferner 100% des benötigten Urans eingeführt (siehe Tab. „Primärenergieimporte“). In den kommenden Jahren wird Deutschland weiterhin auch bei Erdöl und Erdgas auf Importe angewiesen sein. Die Risiken dieser hohen Importabhängigkeit wurden im Jahr 2022 im Zuge des russischen Überfalls auf die Ukraine sichtbar. Deutlich verringerte Einfuhren von Erdgas aus Russland führten zu stark steigenden Erdgas-Preisen für Verbraucher und in der Folge zu erheblichen volkswirtschaftlichen Effekten.

Um die Abhängigkeit von Energieimporten weiter zu verringern, sollten heimische erneuerbare Energien weiter ausgebaut und Lieferländer und Transportstrukturen diversifiziert werden. Auch das Einsparen von Energie hilft, die Importabhängigkeit zu verringern.

Aus den Ausführungen des Umweltbundesamtes wird die angesprochene volkswirtschaftliche Relevanz des Themas sicher deutlich erkennbar.